Patienten Bericht

Mit ihrem schützenden Rahmen und der wohltuenden Erfahrung, nicht allein, sondern Teil einer Gemeinschaft zu sein, bietet die Kombination von Psychotherapie und Ergotherapie nach dem von Fr. Fakih entwickelten p.A.m.U.-Konzept eine gute Basis für die Bewältigung von Krisensituationen. Hier haben Patienten die Chance, von- und miteinander zu lernen und sich in ihrem ganz persönlichen Entwicklungsprozess gegenseitig zu stützen.

An einem Tag im Januar komme ich gegen 14 Uhr in die Ergopraxis und lege mich erst mal hin, um mich auszuruhen und wieder bei mir anzukommen. Nach einer Weile fragt mich die Ergotherapeutin, ob ich in meiner Kunsttherapie-
Ausbildung etwas zum Thema Tod und Bäume gelernt hätte. Ja, ich hatte Bäume gemalt und dabei gelernt und gefühlt, und mich damit auseinander gesetzt, was ich aus der Art der Zeichnung, der Größe und der Gestaltung der einzelnen Teile eines Baumes und der Gestaltung des Umfeldes ersehen kann.

Sie fragte mich, ob ich Lust hätte, die drei Geschwister, die derzeit in die Ergotherapie kommen, bei ihrer Trauer um ihre Uroma zu begleiten. Ja klar, wollte ich. Die Kinder hatten gemeinsam die Aufgabe bekommen, auf großes Papier einen Baum zu malen. Jedes der Blätter, das sie malten und ausschnitten, sollte sie an die Uroma erinnern.

Als ich ins Zimmer kam, wirkte ihre Mutter sehr erschöpft und dankbar, dass sie jemand ablöste. Die Kinder saßen malend auf dem Boden, schrieben auf die Blätter, was sie an schönen Dingen mit der Uroma erlebt hatten und was sie an ihr schätzten, ein paar Tränen kullerten, leises Schluchzen war zu hören.

Die Jüngste, gerade zur Schule gekommen, lag auf dem Bauch und fragte die anderen beim Schreiben um Rat. Der Mittlere war sehr traurig, er litt stark am Verlust der Uroma. Er hatte den engsten Kontakt zu ihr gehabt. Als ich ihn später in den Arm nahm, traute er sich, seine Tränen rauszulassen. Die Älteste fühlte sich von der Uroma vorbehaltlos geliebt, sie beschreibt ihre Uroma als einen Menschen, der alle Personen gleich behandelte.

Die Trauer überdeckte nicht die Bedürfnisse der Kinder, sie standen auf, holten sich zu trinken, gingen zur Toilette. Auch ihr Wunsch nach Körperkontakt, sei es, um sich anzuschmiegen oder zu raufen drückte sich aus.

Bevor die beschrifteten Blätter an den Baum geklebt wurden, befestigten wir den Baum an der Wand. Alle klebten ihre Blätter an den Baum, kein Blatt liegt auf dem Erdboden. Für die Kinder ist die Uroma präsent. Die Jüngste klebte ihre Blätter ganz nach oben. Als ich sie darauf ansprach, sagte sie, dass sie für die kürzlich verstorbene Tante so nah am Himmel sein sollten.

Später fragte ich den Jungen, ob er Lust hätte, mit mir zu malen. Nach einiger Zeit entschied er sich dafür und wir fingen auf einem gemeinsamen Blatt an. Im Gegensatz zu mir, die ich mich mit meinen Pinselstrichen nur langsam seiner Figur näherte, reagierte er kurz entschlossen mit einer klaren Ansage und einer ebensolchen Handlung: „Guck mal, ich bin schon bei dir dran!“

Wir malten in Grün, Braun, Rot, ein bisschen Gelb blieb am Ende auch noch auf dem Blatt zu sehen. Mit Lila schrieb er seinen Namen quer über das Blatt und wünschte sich von mir, dass ich das gleiche tun sollte, was ich auch tat. Gegen 18 Uhr verließen die Kids mit ihrer Mutter die Praxis. Gedrückte Stimmung war nur wenig zu spüren. Sie hatten sich mit dem Thema Tod auseinander gesetzt und waren wieder ziemlich lebhaft drauf. Die Mutter munterte ich auf, dass sie tolle Kinder hat.

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